Janine Berg-Peer/ April 1, 2014/ Alle Artikel/ 0Kommentare

artischocke-160-120„Sie sehen gar nicht schizophren aus!“ sagt Herr Plasberg

Er hat es wieder getan. Und sogar zweimal in dieser Sendung. Es ging um Homöopathie und Schulmedizin, eine Sendung mit begrenztem Unterhaltungswert. Dieses Mal ging es nicht um Fussball, aber einer der Diskutanten fand sowohl Homöopathie als auch Schulmedizin in Ordnung, was ja für sich genommen keine besonders interessante Information ist. Und da strahlte Herr Plasberg und kommentierte „Sie sehen gar nicht schizophren aus!“ Herr Plasberg ist doch nicht der schlechteste Talkshowmaster, da gibt es etwas ganz anderes im deutschen Fernsehen. Manchmal ist er ein bisschen betulich, besonders wenn anrührende Geschichten erzählt werden, vor allem wenn sie von Frauen kommen. Das ist nett und kommt an. Er ist eigentlich nicht ruppig, sondern eben nett. Er bemüht sich auch, feinfühlig zu sein.

 „Sie sehen gar nicht schizophren aus!“ sagt Herr Plasberg

 Aber wenn´s ums Schizophrene geht, dann setzt die Feinfühligkeit von Herrn Plasberg aus. Zweimal sagte er es heute. Wieder. Ich hatte ihm bzw. seinem Sender schon einen Leserbrief geschrieben, worauf ich eine nichtssagende Antwort bekam – natürlich hat Herr Plasberg meinen Zuschauerinnenbrief nicht gelesen – vermutlich von einem Praktikanten bekam, in dem mir dargelegt wurde, ich glaube sogar mit Hinweis auf den Duden, dass schizophren eben auch in dieser Bedeutung gebraucht werden darf, …, dass das durchaus korrekt sei…. 

 „Sie sehen gar nicht schizophren aus!“ sagt Herr Plasbergartischocke-160-120

Naja, Herr Plasberg, ich hatte mich ja auch nicht darüber beschwert, dass Sie möglicherweise nicht  durch den Duden abgesichterte Formulierungen benützen. Nein, ich hatte Sie darauf hingewiesen, dass der lockere Gebrauch von „Sie sind ja schizophren!“ (es ging um die Zuneigung zu Fussballvereinen) von Menschen, die an dieser Krankheit leiden, vielleicht als verletzend empfunden werden könnte. Aber Herr Plasberg hat das noch getoppt „Sie sehen gar nicht schizophren aus!“ kam dann heute. Ich würde Ihnen auch gern mal eine anrührende Geschichte von meiner Tochter erzählen, Herr Plasberg, die mit dieser Diagnose leben muss. Das ist nicht immer schön und manchmal sogar sehr, sehr traurig für meine Tochter. Und, das auch noch Herr Plasberg, meine Tochter sieht auch gar nicht schizophren aus. Wie sieht eigentlich jemand aus, der schizophren aussieht?

Aber vielleicht macht Herr Plasberg mal eine Runde mit psychisch Kranken und Angehörigen, auf die er dann ganz sensibel, ja betulich eingehen kann. Schade, ärgerlich, traurig.

 

Über Janine Berg-Peer

Wir bieten monatlich kostenlose Online-Gruppen für Angehörige an. Jeder kann sich anmelden. Termin finden Sie weiter oben im Blog. Alle zwei Monate bieten wir auch englische Online-Gruppen an. Janine: Seit 65 Jahren bin ich Angehörige: Meine Mutter litt an einer bipolaren Erkrankung und meine Tochter erhielt vor 28 Jahren die Blitzdiagnose (zehn Minuten) Schizophrenie. Kurz danach einigten die Profis sich darauf, dass sie an einer bipolaren Erkrankung leidet. Wir hatten gemeinsam schlechte, aber mehr gute Zeiten. Selten sind Menschen mit Krisengefährdung ja immer krank. Henriette: Heute "leide" ich gar nicht mehr an meiner bipolaren Erkrankung. Nein, sie ist nicht weg, aber mir geht es gut mit einer kleinen Dosis an Medikamenten und einem sozialen und sozialpsychiatrischen Netzwerk, das mich stützt. Ich arbeite seit über zehn Jahren als Genesungsbegleiterin, zunächst als ambulante Betreuerin, jetzt seit drei Jahren im Krankenhaus, was mir sehr viel Spaß macht. Dazu gehören auch Workshops mit Polizei, Angehörigen oder auch Pflegeschüler:innen. Gemeinsam unterstützen wir jetzt sei drei Jahren Angehörige. Wir berichten von unseren guten und schlechten Erfahrungen und beraten sie oder geben ihnen Hinweise, die sie übernehmen können oder eben nicht. Ich als Betroffene freue mich schon lange wieder am Leben, an meiner Arbeit, meinen Freund:innen und an meinem Kater Giacometti. Ich lese gern, höre sehr gern Musik und liebe Filme. Janine: Auch ich freue mich trotz allem immer noch am Leben, lese viel, liebe meinen Kater Basquiat, Rosen, Opern und Countertenöre, japanische und koreanische Filme . Gemeinsam schreiben wir an unserem neuen Buch für Angehörige, in dem wir versuchen, ihnen besser verständlich zu machen und warum manche Betroffene tun, was sie tun und wie Angehörige sich Graf einstellen können, um möglichst viele nutzlose Konflikte zu vermeiden. Arbeitstitel bislang: "Mensch Mama, mach Dir nicht ständig Sorgen um mich!"

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