Abflug zur EUFAMI-Konferenz – jetzt geht es wirklich los.
Natürlich ist das Leben für uns Angehörige nicht immer einfach. Aber im Moment fühle ich mich belohnt, denn ich darf nach Dublin zu einer Konferenz fahren. Das finde ich schön: Ich sehe wieder Menschen, mit denen ich mich im letzten Jahr schon gut unterhalten habe. Ich höre interessante Vorträge und lerne vor allem immer etwas Neues. Und ich freue mich auch Gespräche mit den irischen Angehörigen. Aber natürlich ist so eine Reise auch nicht nur schön. Vor die Freude, Dublin zu sehen, kommt erst noch der Flug nach Dublin. Und der beginnt leider am Flughafen Schönefeld. Das ist für alte Westberliner ganz schrecklich. Und für mich ist es extrem weit. Zu unserem schönen alten Flughafen Tegel setzt man sich gemütlich in den Bus und wupps! ist man da. Nach Schönfeld dauert es mindestens eine Stunde. Und vermutlich muss man 6 mal umsteigen.
Flug zur EUFAMI-Konferenz
Ganz so schlimm, wie ich dachte, war es dann aber doch nicht. Ich habe mir ein Taxi gegönnt, wollte nicht 6 mal umsteigen und vor allem nicht an der Endhaltestelle noch die 6 oder 7 Minuten mit meinem schweren Koffer zu Fuß zum Flughafen laufen. Der Flughafen der Metropole berlin! Warum der für 4 Tage so schwer ist? Weil die moderne Frau, auch die Angehörige, mit Laptop und IPad reist und dazu unendlich viele Kabel, Netzteil und Adapter braucht. Aber ganz so schlimm war das dann nicht. Ich hatte Glück, denn der Taxifahrer war ganz unberlinisch nett, liebt auch indische Musik und will irgendwann dort auch mal hin, mit seinem Freund, der schon seit 30 Jahren nach Indien fährt. Er, meint der nette Taxifahrer, müsse erst sparen. Ich mache ihn glücklich, weil ich ihm erzähle, wie wunderschön und auch billig es in Indien ist. Für Nicht-Berliner ist nicht leicht zu verstehen, warum wir alle, also ich meine wir Westberliner, den Flughafen Schönefeld hassen. Nach all den Jahren erinnere ich mich immer noch an diese schrecklichen Vopos, die im Lächelstreik jeden von uns behandelten, als ob wir Verbrecher seien. Und das bedeutet natürlich, dass ich nie freiwillig von Schönefeld aus fliege, wenn ich es vermeiden kann. Nach Dublin lässt es sich schlecht vermeiden, den die Tegeler Alternative wäre deutlich teurer und länger. Immerhin war der Taxifahrer freundlich. Dennoch betrete ich voller innerem Grimm das scheußliche Flughafengebäude. Ich werde mir nichts gefallen lassen. Wenn auch nur einer unfreundlich gucken sollte…
Flug zur EUFAMI-Konferenz – am Flughafen Schönefeld
Alles total unübersichtlich, obwohl der Flughafen so winzig ist. Ich bin etwas unsicher wegen des Gepäckgewichts. Wen kann ich bloss fragen? Am Abend vorher und auch frühmorgens (also 09:30) war es nicht möglich, von Ryan Air telefonisch eine Auskunft zu bekommen (Sie rufen außerhalb unserer Öffnngsziten an) Ich will etwas über das Gepäckgewicht wisen, weil das ja alles so schwierig bei Ryan Air ist. Muss ich jetzt also zu den streng guckenden Damen an der Information. Ich frage, wo denn…. Die beiden jungen Damen zeigen ein strahlendes Lächeln und geben mir hilfsbereit die gewünschte Information. Mit Blick auf meine weißen Haare und den großen Koffer zeigen sie mir auch noch – immer noch sehr freundlich – den Weg zum Fahrstuhl. Was ist denn hier los? Bin ich wirklich in Schönefeld? Vielleicht sind es Ausländerinnen? Nein, ein Blick reicht, sie sind urdeutsch, urberlinerisch, vermutlich aus Brandenburg und dennoch freundlich. Aber das ist sicher nur das erste Aushängeschild für Schönefeld. Jetzt geht es ja erst richtig los. Auf der ersten Etage sehe ich voller Sorge die unendliche lange gewundene Schlange vor der Gepäckkontrolle. Erst dahinter ist der Schalter von Ryan Air, an dem ich fragen kann, ob ich auch zwei Gepäckstücke mit in das Flugzeug nehmen kann. Und wenn ich nicht darf , dann muss ich wieder zurück! Überall steht, nein, nur 1 Gepäckstück. Aber wie kriege ich meine Kamera in meine schon randvolle große Schultertasche? Und wie finde ich das nun heraus? Wie komme ich schnell hinter die lange Schlange?
Flug zur EUFAMI-Konferenz – No problem, madam!
Wäre ich doch bloß in Indien. Wenn in Indien irgendwo steht, dass man etwas nicht darf , dann kümmert das Niemanden. Ich weiß aus Erfahrung, dass der Inder meine Frage nicht einmal verstehen würde. Aber in Deutschland und auch noch in Schönefeld ist das bestimmt ganz anders. Da wird darauf geachtet, dass alles korrekt läuft. Ich spreche einen elegant gekleideten Herrn mit Flughafenemblem an. Wie ich denn herausfinden könne, ob ich…?. Auch er ist äußerst freundlich, aber er ist schließlich auch Ausländer. Ein gut aussehender Ausländer. Er überlegt, ja, er findet auch die Schlange sehr lang, das würde dauern. Schließlich nickt er mir beruhigend zu – in Indien hätte er an diese Stelle „No Problem, Madam,“ gesagt, hechtet mit einem eleganten Sprung über die Absprerungsseile und geht zum weit entfernt liegenden Ryan Air Schalter. Eine längere Diskussion entsteht zwischen den Damen und ihm. Eine freundliche und heitere Diskussion mit viel Kopfschütteln und Handbewegungen und Schulterzucken. Ziemlich indisch. Schließlich kommt er zurück und erklärt, dass sie zwar wüssten, dass es überall auf den Schildern stünde, aber sie hätten noch nie erlebt, dass jemand mit einer Kamera zurückgewiesen worden wäre. Eigentlich würde das auch niemanden interessieren. Ich solle mir keine Sorgen machen. Wie bitte? Keine Sorgen, wenn ich am Flughafen Schönefeld ein Gebot übertrete? Wissen die vielleicht, dass ich darüber schreibe und wollen mir heute beweisen, dass nichts von meinen Vorurteilen stimmt? Irgendwie sehen die aber alle ganz entspannt aus und nicht so, als ob sie irgendwas beweisen wollten.
Flug zur EUFAMI-Konferenz mit Watzlawik
Ich will euch nicht langweilen, aber so ging es weiter. Die Beamten an der Gepäckontrolle: freundlich. Nur eine musste mich belehren. „Das nächste Mal bitten Sie doch einen der Herren, Ihnen den Koffer auf das Band zu heben. Hier auf unserem Band wird nichts hingeworfen!“ Da es mir schwer fiel, den Koffer hochzuheben, hatte ich es gerade noch mit letzter Kraft geschafft, ihn hochzuhieven und dann fiel er um. In Indien hätte mir einer der Polizisten oder Beamten geholfen, die tun da so etwas, wenn eine ältere Frau einen Koffer hocheben muss. Aber, wie eine Freundin von mir immer sagt, wir sind hier nicht in Indien. Du musst nicht immer alles im Ausland besser finden. Richtig, wir sind in Deutschland und auch noch am Flughafen Schönefeld und etwas muss hier auch schlecht sein, sonst hätte sich mein ganzer vorsorglicher Ärger auch nicht gelohnt. Wir wollen ja auch noch etwas von unserer Kultur behalten dürfen. Und wenn es die schlechte Laune ist. Aber sie war auch nicht wirklich unfreundlich, nur eben belehrend. Das ist sicher auch etwas Kulturelles.
Aber dann waren wieder alle freundlich. Tatsächlich hebt ein junger Mann, der die Belehrung mitbekommen hat, meinen Koffer an der anderen Seite des Bands herunter. Er grinst mich an. Ich bin viel durch mit meinen zwei Gepäckstücken, es hat wirklich niemanden interessiert. Jetzt muss ich also warten, lange warten, denn der Schalter von Ryan Air, auf dem steht „Alle Flüge“, nimmt meinen Koffer noch nicht auf. „Da steht doch „alle Flüge“, sage ich. Strenger Blick. „Ja, alle Flüge, aber nicht die, die erst nach drei Stunde fliegen!“ Ich muss noch anderthalb Stunden warten. Es gibt im ganzen Schalterraum nur eine Bank für Behinderte mit 3 Plätzen. Es ist überhaupt die einzige Bank in diesem Schalterbereich. Auch für Nicht-Behinderte. Sie ist besetzt. Ich nähere mich vorsichtig, sofort springt ein Mann auf und bittet mich, mich hinsetzen. Erstaunlich am Flughafen Schönefeld. Nach anderthalb Stunden gab es am Schalter eine Wachablösung. Der junge Mann, der jetzt am Ryan Air Schalter die Kofferklebeschilder aufklebt, ist wieder freundlich und scherzt mit mir und allen anderen Passagieren. Meine Sorge, dass der Koffer zu schwer sei und ich pro Kilo 20 Euro nachzahlen müsse, war auch umsonst. Es sind nur 15 Kilo! Ich hätte noch für 5 Kilo TShirts mitnehmen können! Ihr ahnt es schon, der nette junge Mann würdigt meine schwere Umhängetasche und die Kamera keines Blicks, die hübsche Afrikanerin vor der Passkontrolle auch nicht, nein, sie wünscht mir und meinen 2 Handgepäckstücken gute Reise, die Polizisten an der Passkontrolle kniepsen mir ein Auge zu und meinen, ich solle es aber in Dublin mit dem Whiskey nicht übertreiben. Ich kniepse zurück.
Vor den vielen Läden, in denen man unnötiges, aber teures Zeug kaufen kann, betrachte ich voller Hoffnung ein Schild, auf dem steht: „Kilkenny – 2 Minuten nach Irland“. Aber leider war das nur ein Pub, in dem biertrinkende fröhliche Menschen schon mal das Irlandfeeling proben.
Flug zur EUFAMI-Konferenz – alles harmonisch
Das war es also mit dem unfreundlichen Flughafen Schönefeld. Die Sorgen hätte ich mir sparen und die Reise besser gestimmt antreten können. Watzlawick lässt grüßen. Ha! Nein, ich hatte doch recht: Die Maschine nach Dublin hat eine halbe Stunde Verspätung! Ich hab es gewusst. ein scheußlicher Flughafen. Und nun sitze ich entspannt in der ersten Reihe des Flugzeugs mit Beinfreiheit (was für ein Wort!) und lese das interessantes Buch von Damien Echols „Mein Leben nach der Todeszelle“, der 18 Jahre unschuldig im Gefängnis in den USA war. Er schreibt wirklich gut. Und ihm geht es wirklich schlechter als mir in den engen Sitzen von Ryan Air. Aber ich muss sagen, dass die freundliche Stewardess und ihr kleiner Flugbegleiter alles wieder wett gemacht haben.
Flug von der EUFAMI-Konferenz nach Berlin – nie wieder Ryan Air!
Aber der Rückflug hat alles wieder wett gemacht. Ewige Wartezeiten, unfreundliches Personal von Ryan Air, chaotische Abläufe und ich musste 40 Euro nachzahlen. Für die vielen EUFAMI-Dokumente. Und die Flugbegleiter dieses Mal waren hässlich und undfreundlich. Passt doch. ich wusste es, Ryan Air ist scheußlich und muss daher auch zur Strafe vom Flughafen Schönefeld aus fliegen.
Ich hoffe, die netten Informationsdamen, der attraktive Herr und die vergnügten Damen nehmen mir das jetzt nicht übel. Aber ich musste doch recht behalten.