Henriette Peer, 45 Jahre, Peer-Beraterin EX-IN
2014 – 2021Ambulante Betreuerin Freunde Integrative Dienste gGmbH -FID in Berlin-Spandau
Seit 2021 Genesungsbegleiterin im TWW – Theodor-Wenzel-Krankenhaus in Berlin-Zehendorf auf einer offenen Station
Vor 22 Jahren bekam ich die Diagnose Schizophrenie, eine Diagnose, die sich in den Jahren immer wieder verändert hat. Heute sind sich alle einig, dass ich eine schizo-affektive oder bipolare Erkrankung habe. Aber auf die Diagnose kommt es nicht an. Mir geht es heute gut. Ich war vor 10 Jahren freiwillig zum letzten Mal im Krankenhaus, ich fühle mich gut und arbeitsfähig, ich weiß, worauf ich achten muss, was mir gut tut und was mir schadet. Ich halte mich im Moment nicht für krank, aber ich denke, ich habe eine Grunderkrankung, die immer mal wieder ausbrechen kann, wenn mir im Leben vielleicht etwas zu viel wird. Aber seitdem ich das weiß, kann ich gut damit leben.
Ich habe zunächst die EX-In Weiterbildung bei LebensART, Gudrun Tönnes, in Münster gemacht, was eine wirklich gute Erfahrung für mich war. Gleich danach habe ich ein Praktikum beim Freundeskreis Integrative Dienste – FID in Spandau machen können und wurde dann fest eingestellt. Für mich bedeutet das sehr viel, nach den vielen Jahren, in denen ich an mir, an der Krankheit und an der Psychiatrie verzweifelte. Heute weiß ich, dass es vor allem darauf ankommt, dass wir nicht anderen Menschen und dem Schicksal eine Schuld zuschieben, sondern dass wir uns mit unserer Situation auseinandersetzen und diese akzeptieren. Ich glaube, erst dann kann man wieder neue Ziele im Leben entwickeln und beginnen, diese zu verfolgen.
Nach sieben Jahren wollte ich noch weitere Erfahrungen machen und arbeite seitdem als Genesungsbegleiterin auf einer offenen Station im Theodor-Wenzel-Krankenhaus in Berlin-Zehlendorf. Das ist eine etwas andere Arbeit, weil es viel mehr Patientinnen gibt und man sie nur über eine kürzere Zeit betreut, wenn sie das wollen. Ich glaube, dass es vielen Patientinnen gut tut, mit mir reden zu können. Aber mir tut es auch gut, die Patientinnen dort zu unterstützen. Die Arbeit und die Freundlichkeit der Patientinnen stabilisiert auch mich. Ich hätte mir im Krankenhaus so sehr eine Genesungsbegleiterin gewünscht, mit der ich hätte den können!
Die Arbeit mit meinen Klienten macht mir sehr viel Spaß, ich weiß, wie viel so eine ambulante Betreuung wert ist, auch mir hatte sie damals geholfen. Als Betreuerin, aber genau so als Genesungsbegleiterin im Krankenhaus, möchte ich die Klienten nicht heilen, ihnen keinen Weg vorgeben und sie auch nicht drängen, in einen Recoveryprozess einzutreten. Sie selbst geben vor, was ihnen wichtig ist, sie sagen mir, wo sie Hilfe brauchen oder worüber sie mit mir reden wollen. Ich kann nicht alle Wünsche erfüllen, aber ich kann mich dafür einsetzen, dass sie ihren selbst gesteckten Zielen näher kommen. Ich freue mich über jeden Schritt mit Ihnen, vor allem, wenn ich sehe, dass ihr Lebensmut zurückkommt und sie wieder Freude im Leben haben.
Meine Erfahrungen möchte ich auch anderen Betroffenen und vor allem auch Angehörigen weitergeben. Meine Mutter und ich haben uns nach vielen schwierigen Jahren zu einem Team entwickelt, was heisst, dass ich gelernt haben, mit meiner Krankheit umzugehen und die Situation meiner Mutter besser zu verstehen. Sie hat gelernt, besser mit ihren Ängsten und Sorgen umzugehen und nicht auf alles, was ich tue oder nicht tue mit Aufgeregtheit zur reagieren. Es hat geholfen, dass wir uns immer wieder über diese schwierigen Situationen unterhalten haben und dadurch beide gelernt haben, die Perspektive der jeweils anderen besser zu verstehen.
Auch im TWW unterstütze ich auch in der Angehörigengruppe, die das TWW anbietet.
Einmal im Monat bieten meine Mutter und ich eine kostenlose Online-Gruppe für Amgehörige an, die Termine finden Sie auf unserem Blog.
Außerdem halten zusammen oder auch getrennt Vorträge, wir beantworten Fragen, nehmen teil an Konferenzen, Workshops und Tagungen.
Wenn Sie einmal eine Diskussion zum Thema mit einer Betroffenen wünschen, dann melden Sie sich. Wenn Sie beraten werden wollen, dann können wir das am Telefon oder auch per Email machen. Schreiben Sie zunächst eine Email an mich, ich antworte Ihnen so schnell es geht.
henriettapeer@googlemail.com