Was Angehörige zum Buch sagen
Liebe Frau Berg-Peer,
Ich bin voll des Lobes über Ihr Buch! Mein Jahrgang ist ebenfalls 1944 und unsere im 2001 an Schizophrenie erkrankte Tochter (3. Kind) ist 1976 als Nachzüglerin geboren. Es ist ein langer Leidensweg für alle Involvierten, welcher nie aufhört. In all den Lehrjahren haben wir immerhin gelernt, besser damit umzugehen. Trotz der Stigmatisation, der dieser Krankheit anhaftet, wünsche ich unseren Töchtern, dass die unbeschwerte Seite des Lebens nicht gar zu kurz komme und weiterhin immer wieder ein Türchen aufgehe. Möge Ihr Buch viele Leser finden, betroffene – und unbetroffene. Mit Dank und besten Wünschen…
Was Angehörige zum Buch sagen
Guten Tag Frau Berg-Peer,
ihr Buch „sprang“ mich förmlich an, vor 3 Tagen in der Buchhandlung. Ich habe es jetzt in kürzester Zeit gelesen und habe jetzt einfach das Bedürfnis Ihnen kurz zurück zu schreiben. Zunächst mal möchte ich Ihnen meine Achtung und Respekt zum Ausdruck bringen, dass Sie es schon 16 Jahre schaffen, das Leben mit einem psychisch kranken Kind sowie die Karriere unter einen Hut zu bringen. Auch ich bin betroffene Mutter mit einem 23 jährigen Sohn und uns umgibt diese Krankheit Schizophrenie, bipolare Störung, Manie/Depression seit 5 Jahren allerdings mit einem Unterschied glaube ich. Aus ihrem Buch lese ich dass ihre Tochter nie den Lebensmut und die Kraft verloren hat zu kämpfen, während mein Sohn keinerlei Sinn, Ziel, Motivation in seinem Leben sieht. Er ist bis heute völlig krankheitsuneinsichtig, deshalb gibt es im Grunde auch keine Möglichkeit der Therapie. Ich, jedenfalls konnte ihn bisher nicht davon überzeugen, ansonsten lässt er niemand an sich ran. … Ihr Buch sprach mir teilweise absolut aus der Seele. Viele Gedanken und Sätze hätten auch meine sein können. So hat es jetzt einfach „gut getan“ zu lesen, dass jemand anders genau dieselben Sorgen und Nöte hat wie man selbst. Denn in der Gesellschaft, die mit diesen Krankheiten nichts zu tun hat, höre ich immer wieder den Satz „ja, ja, mein Sohn/Tochter hat auch immer wieder mal psychische Tiefs“. Inzwischen kann ich innerlich darüber schmunzeln und denken ok falscher Ansprechpartner. Vielen Dank für Ihren ehrlichen und offenen Bericht. … Ich wünsche Ihnen und Ihrer Tochter /Familie Alles Erdenklich Gute. Viel Kraft, Lebensfreude und Motivation auch weiterhin gut mit der Situation umgehen zu können. Herzliche Grüße…
Was Angehörige zum Buch sagen
Liebe Frau Berg-Peer, ich habe bereits soviel gelesen, mir Vorträge über das Thema angehört und mir Therapeuten nennen lassen, diese aufgesucht (war enttäuscht) … Bei mir ist dabei alle Hoffnung auf Besserung oder Heilung von meiner Tochter verloren gegangen. Und ich wollte mir auch gar nichts mehr von dem „hochtrabenden Kram“ und den Psychologen/innen „antun“, sprich vortragen lassen oder lesen. Was S i e geschrieben haben, konnte ich verstehen, auch Ihr Schreibstil ist oft sehr humorvoll, obwohl ja die Sache und die Krankheit selbst alles andere als zum Lachen ist. Kurzum: Ihr Buch konnte ich nicht mehr aus der Hand legen. Ich habe es regelrecht „verschlungen“! Es kam mir vor, als wäre ich die „A u t o r i n“, als hätte ich es geschrieben. Ein „Déjà-Vue“ folgte dem nächsten. Meine Tochter (sie wird im November 33 Jahre alt) ist seit 11 Jahren krank, … und es wird immer schlimmer. Auch ich (alleinerziehend seit 30 Jahren) habe noch 2 andere Kinder, die vor ca. einem Jahr den Kontakt zu meiner Tochter endgültig abgebrochen haben und sich auch von mir zurückziehen wollen, wenn ich mich wieder von ihr „einwickeln lasse“, wie sie es nennen. Bin krank geworden, Herzrhythmus-Störungen, nächtliche Atemnot – wie Sie auch – und auch bei mir konnten die Ärzte nichts Organisches feststellen. Seit ca. einem halben Jahr habe ich den Kontakt zu ihr gänzlich abgebrochen – aber das bricht auch etwas anderes in mir, nämlich mein Herz. Ich liebe sie trotzdem, habe aber Angst vor ihr, weil sie mich körperlich bedroht hat – völlig grundlos! (Aus meiner Sicht natürlich, für sie gibt es immer einen Grund, so „irrsinnig zu handeln, wie sie es oft tut.) Jeden Tag ist mein Anrufbeantworter voll mit Drohungen, Beschimpfungen, Weinen von ihr (bis heute, obwohl ich nie antworte oder dran gehe!)
Mein Sohn und meine andere Tochter haben ihre Telefon-Nummern gewechselt, weil sie über’s Telefon nächtlichen Terror veranstaltet hat und alle paar Minuten anrief. Die kleinen Kinder von meinem Sohn standen immer völlig verängstigt neben dem AB und fragten: „Was hat die Tante denn nur? Warum schreit sie so?“ Es gab sogar heftige Auseinandersetzungen zwischen meinem Sohn und seiner Frau deswegen, weil diese Angst um ihr Kinder hat. … Frühere Freunde, Bekannte, Cousin und Cousinen, selbst wildfremde Menschen rufen mich an und fragen, warum ich meine Tochter nicht ins Krankenhaus bringe, wo sie hingehören würde. Ich habe es satt, mich vor diesen Menschen zu rechtfertigen und immer wieder zu sagen, dass ich nichts tun kann, dass ich alles, was es gibt (bis hin zur Entmündigung) schon vergeblich versucht habe. Selbst die Ärzte haben gesagt, dass sie noch nie einen so therapie-resistenten Menschen wie meine Tochter erlebt hätten. Das war aber auch alles, was sie mir zu sagen bereit waren, wenn ich geheult und um einen Rat gebeten habe. („Schweigepflicht, wir sind für ihre Tochter Nina da, nicht für Sie. Suchen Sie sich woanders Hilfe! Wir merken schon, dass auch Sie dringend Hilfe brauchen!“) Meine Tochter ist derzeit völlig im sozialen „AUS“. Selbst die Kranken aus der Psychiatrie, mit denen sie sich dort mehr oder weniger angefreundet hatte, … wollen nichts mehr mit ihr zu tun haben. Bei der Polizei ist sie aktenkundig. Nachbarn und Hauseigentümer – alles ähnlich wie bei Ihrer Tochter… Mietrückstände, nicht bezahlte Stromrechnungen (ich habe bezahlt!) – wie Sie schon richtig geschrieben haben, es geht auch finanziell an die Substanz. Ich kann nicht gerade sagen, dass es mir besser geht, jetzt, wo ich sie nicht mehr sehe. Aber ich lebe ruhiger. Das Ganze hat auch irgendwo einen leicht inflationären Charakter: „Wenn man jeden Tag solche Gemeinheiten und Vorwürfe und Anschuldigungen auf dem AB hat und über Jahre den Terror, den sie verbreitet, aushalten muss, dann trifft es einen zwar immer noch hart, aber ich breche nicht mehr jedes Mal weinend zusammen, was nicht heißt, dass es mich nicht mehr mitnimmt oder mich kalt lässt. …
Ist Ihre Tochter jetzt „geheilt“? Oder gibt es noch immer Rückfälle? Gegen Sie komme ich mir vor wie eine egoistische Rabenmutter, – weil ich nicht wie Sie durchgehalten habe.Habe eigentlich nur Angst, dass ich meine beiden anderen Kinder auch noch „verliere“, wenn ich mich wieder auf sie „einlasse“!
Was Angehörige zum Buch sagen
Vielen Dank, dass Sie dieses Buch veröffentlichen. Ich fand mich in diesemBuch als Mutter eines psychotischen Sohns wieder und es bestärkt mich weiterhin an der Enttabuisierung psychischer Erkrankungen zu arbeiten.
Ich danke den Schreiberinnen sehr für ihre freundlichen Worte zu meinem Buch. Aber es macht mich auch wieder traurig, wenn ich sehe, wie viele Angehörige völlig hilflos diesen Krankheiten ausgeliefert sind. Die Psychiatrie ist so weit, findet aber keine Lösung dafür, wie kranke Menschen für eine Therapie gewonnen werden können.
Bildnachweis: © w.r.wagner / pixelio und eigene Fotos