Meine bipolare Störung

Ein Leben auf der Achterbahn.

Arbeit

Sehr einschneidend betrifft die Krankheit meine Arbeitssituation. Vor meiner ersten Depression war ich ein gut funktionierender Polizist. Ich arbeitete im Schichtdienst auf einem Polizeiposten.

Eines Tages übermannten mich die depressiven Gefühle und ich stürmte aus dem Posten. Ich ging nach Hause und legte mich ins Bett. Es resultierte eine mehrwöchige Abwesenheit vom Arbeitsplatz.

Die Krankheitstage häuften sich, obwohl ich zwischendurch immer wieder arbeiten konnte. Irgendwann wurde ich in den Innendienst bei der Kriminalpolizei versetzt. Dort versuchte ich mein Arbeitspensum wieder langsam zu steigern. Dies mit Unterstützung der IV.

Ich absolvierte auch externe Arbeitstrainings, zum Beispiel im Service in einem Restaurant, die von der IV organisiert wurden. Irgendwann musste ich jedoch bei einem Psychiater ein Gutachten erstellen lassen. Dieser kam zum Schluss, dass ich nur noch zu 50% arbeitsfähig war.

Meine Arbeitgeberin, vor allem die zuständige Mitarbeiterin des Personaldienstes, unterstützte mich vorbildlich. So konnte ich intern nochmals die Stelle wechseln.

Die ganze Zeit wurde ich von meinen Arbeitskolleg:innen gut aufgenommen. Ich fühlte mich nie ausgeschlossen.

Nach einem erneuten Gutachten bin ich nun zu 100% arbeitsunfähig. Das war nötig, da ich immer wieder ausgefallen bin. Ich suche nun aber nach einer Möglichkeit, ein paar Halbtage an einer geschützten Stelle zu arbeiten. Für mich ist es manchmal frustrierend, aber ich muss mir mein Arbeitsleben jetzt ganz langsam von vorne aufbauen.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende!

Medikamente

Im Frühjahr 2015 erhielt ich eine erste Schachtel mit Antidepressiva von meinem Psychiater. Ich konnte noch nicht ahnen, was für ein Spiessrutenlauf ich mit verschiedenen Medikamenten machen würde.

Ich kann hier nur für mich sprechen. Meine Therapie besteht und bestand aus folgenden Punkten: Elektrokrampftherapie (seit 2021), Psychotherapie und Medikamente. Wobei bei den Medikamenten viel ausprobiert wurde.

Angefangen habe ich mit normalen Antidepressiva, da ich ja noch keine Manien hatte. Bei diesen Medikamenten muss die Dosis langsam gesteigert werden, bis die erwünschte Wirkung erreicht ist. Hier hatte ich noch keine grösseren Nebenwirkungen, an die ich mich erinnern könnte.

Da ich starke Anspannungszustände entwickelte, wurden mir dann auch noch sogenannte Neuroleptika abgegeben. Diese haben unter anderem auch eine dämpfende Wirkung. Die Nebenwirkungen waren hier aber wesentlich gravierender. Ich war müde und habe 40kg (!) zugenommen.

Mit der neuen Diagnose «bipolare Störung» bekam ich bald Lithium. Dieses Medikament soll die Stimmung ausgleichen. Es muss jedoch regelmässig Blut abgezapft werden, um den Blutspiegel des Medikaments zu bestimmen. Ist dieser zu niedrig, wirkt das Medikament nichts. Ist er zu hoch, kann es zu einer Vergiftung kommen.

Zusätzlich zum Lithium nehme ich noch Abilify ein. Ein weiteres Medikament für bipolare Störungen. Mit diesen zwei Medikamenten komme ich momentan gut klar. Für den Notfall habe ich noch Reservemedikamente, die mich auf den Boden zurückholen.

So viel dazu. Wie gesagt, Medikamente sind ein wichtiger Teil meines Lebens mit meiner Krankheit.

Manie mit Folgen

Hier ein Beispiel einer manischen Phase, die mich bis heute sprichwörtlich prägt. Ich war in einer Klinik auf einer offenen Station. Mir ging es nicht so gut, ich lag im Bett und fühlte mich elend. Doch innerhalb etwa einer Stunde hat sich meine Stimmung komplett verändert. Ich fühlte mich plötzlich fröhlich und sehr angetrieben. Man hat mir gesagt, dass solche schnellen Stimmungswechsel (Switch genannt) eine Unterform von bipolaren Störungen sind, die man mit «Ultra Rapid Cycling» bezeichnet.

Mir ging es also wunderbar. Meine Stimmung wurde so übertrieben gut, dass ich anfing Wahnideen zu entwickeln. Ich war der festen Überzeugung, dass ich der König von Zürich bin. Was soll man dazu sagen… Als König von Zürich konnte ich also unmöglich ruhig in der Klinik verweilen. Ich musste weg.

Kurzerhand zog ich mich an und verliess die Station, ohne dass es jemand bemerkte. Ich fuhr mit dem Bus und dem Zug nach Zürich. Auf der Fahrt googelte ich nach Tattoo Studios in der Stadt. Ich rief diese Studios an, bis ich eines erwischte, das noch am selben Nachmittag einen freien Termin hatte. Tja, um es auf den Punkt zu bringen, das kam dabei heraus:

Ich ging anschliessend zurück in die Klinik und wurde umgehend auf eine geschlossene Station verlegt. Das war nicht so schlimm. Dümmer war und ist es, dass ich heute mit einem Tattoo leben muss, das ich so eigentlich gar nicht wollte. Solch lokalpatriotischen Symbole sind eigentlich nicht so mein Ding.

Solche unüberlegten Dinge mache ich in manischen Phasen. Um die Dummheiten einigermassen im Rahmen zu halten, habe ich nur wenig Geld auf meinem Konto und nur noch eine Debitkarte, die mit wenig Geld aufgeladen ist.

Soweit für heute. Der nächste Beitrag kommt in ein paar Tagen.

Zwangsmassnahmen

Als Polizist erlebte ich es oft. Eine psychisch angeschlagene Person wurde von einem Arzt in eine Klinik eingewiesen und wir mussten diese Einweisung dann durchsetzen. Das heisst, wir mussten wenn nötig Gewalt anwenden. In der Psychiatrie gibt es Zwang. Ich weiss nicht, wie sehr sich die Öffentlichkeit dessen bewusst ist.

Zwangsmassnahmen in der Psychiatrie sind meiner Meinung nach ein sehr heikles Thema. Man nimmt jemandem die Freiheit weg, obwohl er (noch) nichts falsch gemacht hat. Gründe für solche Massnahmen sind einerseits Selbst- und andererseits Fremdgefährdung.

Ich selbst wurde schon mehrfach unfreiwillig in die Psychiatrie eingewiesen. Dies geschieht per sogenannter fürsorgerischer Unterbringung (FU). Ausserdem wurde ich auch schon einige Male in ein Isolierzimmer gesperrt. Ich habe mich jeweils nicht gewehrt, da ich mir bewusst war, dass dann ein riesiges Aufgebot von Pfleger:innen oder sogar der Polizei kommen würde. Aber nur weil ich die Massnahmen «friedlich» über mich ergehen liess, heisst dies nicht, dass ich auch damit einverstanden war.

Es ist schwierig zu beschreiben, wie sich solche Zwangsmassnahmen anfühlen. Ich fühlte mich jeweils hilflos, dem System ausgeliefert. Im Nachhinein muss ich aber sagen, dass die Massnahmen bei mir meistens verhältnismässig waren. Aber nicht immer! Diese ungerechtfertigten Fälle klingen noch lange nach. Vielleicht kann man sagen, dass sie fast traumatisierend sind. Diese Fremdbestimmung zu verarbeiten, fiel mir manchmal schwer.

Wird in der Psychiatrie zu viel Zwang angewendet? Sind die Ärzte zu voreilig beim Anordnen solcher Massnahmen, nur um sich selbst abzusichern? Was denkst du? Hinterlasse doch einen Kommentar.

Elektrokrampftherapie (EKT)

Als ich zum ersten Mal davon hörte, traute ich meinen Ohren nicht. Was mir da vorgeschlagen wurde, tönte nach einer mittelalterlichen Foltermethode und nicht nach einer seriösen Behandlung der modernen Psychiatrie.

Bei der Elektrokrampf- oder auch Elektrokonvulsionstherapie wird durch den Einsatz von Strom ein kurzer, kontrollierter epileptischer Anfall beim Patienten ausgelöst. Dies soll schwer therapierbare Depressionen und bipolare Störungen behandeln.

Nun ist die Sache nicht ganz so tragisch, wie sie im ersten Moment tönt. Die ganze Prozedur wird heutzutage – im Gegensatz zu früher – unter Vollnarkose durchgeführt. Ich habe mich also entschieden, diese Therapieform auszuprobieren. Alles Andere hat bei mir ja nicht wirklich viel geholfen.

Vor der ersten Sitzung war ich dann aber doch ziemlich nervös. Ich musste aber bald feststellen, dass der kleine Stich beim Legen der Infusion fast noch das Schlimmste am Ganzen ist. Nach der Vorbereitung wird der/die Patient:in samt Bett in den Behandlungsraum chauffiert, wo diverse Kabel etc. zur Überwachung angebracht werden. Schon wird das Narkosemittel gespritzt und nach wenigen Sekunden schläft man ein.

Beim Aufwachen befindet man sich schon im nächsten Raum. Dort gibt es etwas zu essen und zu trinken. Anfangs bin ich jeweils noch ziemlich verwirrt, was sich aber schnell legt. Meistens habe ich danach auch noch ein wenig Kopfschmerzen.

Mir hat die Therapie sehr geholfen. Auch wenn ich immer noch nicht zu 100% stabil bin, fühle ich mich doch wesentlich ausgeglichener. Als einzige Nebenwirkung habe ich ziemlich ausgeprägten Gedächtnisverlust. An gewisse Ereignisse kurz vor Beginn der Therapiesitzungen kann ich mich einfach nicht mehr erinnern.

Ich kann die EKT also nur empfehlen. Hast du auch schon daran gedacht, diese Therapie zu machen oder hast sogar schon Erfahrung damit?

Schreib es doch in die Kommentare.

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